Schubladen und Helikoptermütter

Alle Welt redet einem rein. Ich hab langsam das Gefühl, dass man mit niemanden mehr vernüftig plaudern kann, ohne dass der Gegenüber einem (s)eine Meinung aufzwängen will.

Man traut sich doch schon gar nicht mehr, sein Kind zu loben und anderen am Stolz über das eigene Kind teilhaben zu lassen. In 99,789% der Fälle wird man eh falsch verstanden und der Gegenüber stempelt einen als Angeber-Mutter ab.

Der neuste Trend ist, wenn du Sorgen über die fehlende Empathie der Lehrer äußerst, wirste gleich abgestempelt als – oh wunder- Helikoptermutter.

Da isses wieder, das Klischee der 2010er

Hat unsere Gesellschaft denn etwa das Zuhören verlernt? Kann man nicht mal mehr irgendwas erzählen ohne direkt einen Stempel zu kassieren?  In alles wird etwas hinein interpretiert, ob es nun ansatzweise realistisch ist, ist dabei völlig egal. Hauptsache man kann denjenigen in eine Schublade quetschen und wenn gerade doch keine passsende Schublade vorhanden ist, wird für denjenigen extra eine angefertigt.

Zack. Klappe zu. Stempel drauf. Fertig ist das 08/15 Klischee.

Mich kotzt es so an. Mich kotzt diese Gesellschaft an, die alles ver- und beurteilen muss, statt einfach nur mal zuzuhören und da zu sein für den anderen.

„Betüddel ihn doch nicht immer so!  Er muss das halt lernen. / Er muss da einfach durch!“ Sätze die so viel mehr schaden, als das sie helfen.

Wer sagt denn, dass mein Sohn durch gewisse Dinge/Situationen einfach durch muss? Weil das eben so ist? Sorry, aber das langt mir als Begründung nicht.

Er wird immer als letztes gewählt beim Pausenfussball. Selbst von seinen Freunden. Das verletzt ihn. Soll ich ihn mit diesem Gefühl alleine lassen?

Ich denke nicht!

 

Was soll er also durch so eine Situation lernen?

Natürlich ermuntere ich ihn, das anzusprechen, rede mit den anderen Kindern oder Eltern. Allerdings bin ich in der speziellen Situation nicht mit dabei. Genau das ist aber bei ihm der Punkt. Allerdings möchte ich mich jetzt gar nicht an diesem einem Beispiel aufhängen, denn es gibt noch zahlreiche andere, die in den Augen meines Sohnes sehr verletzend für ihn sind.

Schule

Ja es ist immer noch ein verdammt aktuelles Thema bei uns. Im letzten Jahr haben wir einen Kinderpsychologen aufgesucht, weil wir einfach überfordert sind mit der Situation. Ich kann euch eins sagen, es tut so unfassbar gut mit einem Kinderpsychologen zu sprechen. Der Große hat sofort Vertrauen gefasst und ihm alles erzählt. Er fühlt sich in der Praxis wohl und wird wahr UND ernst genommen. Genau wie wir Eltern.

Was so easy peasy klingt und eigentlich auch unter Menschen wie du und ich normal sein sollte, ist dort wirklich so einfach.

Die Gespräche waren auf Augenhöhe mit meinem Sohn. Zu sehen wie ernst seine Gefühle genommen wurden, hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen.

Warum müssen alle immer andere verurteilen, oder sich immer an andere messen? „Bei mir ist alles schlimmer/stressiger als bei dir!“

Wie wäre es mal mit einem: „Respekt, wie du das alles immer so schaffst!“ Anerkennung statt wetteifern, DAS wäre doch mal was…

 

Es könnte so einfach sein, ist es nur leider (noch) nicht.

Also schlürfe ich hier weiter meinen „Gute Laune“ Tee, von dessen Verpackung mir Steffi Graf freundlich zulächelt und hoffe auf das Beste. Doch eins verrate ich euch, meine Kraft geht zu neige und ich bin müde. Müde auf das Beste zu hoffen, müde vom immer wieder enttäuscht werden und müde von all den Vorurteilen und abwertenden Kommentaren.

 

 

 

 

 

 

 

6 Gedanken zu „Schubladen und Helikoptermütter

  • 23. Januar 2019 um 18:56
    Permalink

    Respekt, wie du das alles schaffst!
    Im Ernst, du bist eine wunderbare Mutter, die ihren Kindern den Rücken stärkt und ein Fels in der Brandung ist.
    Dieses Schubladendenken dient doch nur dazu, dass die be-,verurteilenden Personen sich selbst besser fühlen.
    Jeder hat sein Päckchen zu tragen, vergleichen bringt da nicht viel. Und doch passiert es immer wieder, weil es so einfach ist.
    Respekt, wie du das alles schaffst.

    Antwort
  • 23. Januar 2019 um 19:12
    Permalink

    Respekt, wie du das alles schaffst!
    Im Ernst, du bist eine tolle Mutter, die ihren Kindern den Rücken stärkt, ein Fels in der Brandung.
    Dieses Schubladendenken hilft den be-
    und verurteilenden Personen nur, sich selbst besser zu fühlen.
    Vergleichen hat noch nie wirklich etwas gebracht, macht man trotzdem, weil es so einfach ist.
    Respekt, wie du das alles schaffst! Pass gut auf dich auf.

    Antwort
  • 13. Januar 2020 um 4:56
    Permalink

    Ich war (vor ca. 40 Jahren) auch dieser Junge, der immer als letzter gewählt wurde und habe lange gebraucht um mich durch zu setzen. Ich habe daraus gelernt … so wie uns das Leben immer wieder vor Aufgaben stellt, aus denen wir lernen .. die einen leicht, die anderen schwer.

    Du kannst darüber reden, du kannst darüber schreiben … es wird sich nicht ändern … es wird immer die beliebten und die weniger beliebten Personen geben, es war schon immer so und so hart und unfair es klingt … da muss man durch.

    Was willst du denn auch machen?
    Die anderen Kinder zwingen dein Kind als erstes zu wählen? Gruppensitzung, wo sich alle ganz lieb haben und alle einander respektieren?

    Heute sind wir, meine Frau meine Tochter und ich, in einer Situation, wo unsere Tochter wegen Essstörungen in Behandlung ist … ausgelöst unter anderem, weil sie zu sehr „bemuttert-vatert“ wurde.

    *Wie man’s macht, man macht es falsch!*

    Wichtig ist, das es Hilfe gibt.

    Antwort
    • 22. Januar 2020 um 8:54
      Permalink

      Ich weiß was du meinst und sehe es ja ähnlich. Nur gewisse Dinge einfach erzwingen bringt ja auch nichts. Klar gibt es immer wieder Sachen die man als Elternteil nicht direkt beeinflussen kann, dennoch empfinde ich es als wichtig, auch auf solche Situationen entsprechend zu reagieren. Einfach im Vorwege und auch im Nachhinein offen darüber sprechen. Würden mehr Menschen offen und ehrlich miteinander reden, würden sich einige blöde Situationen gar nicht ereignen. Klar klingt das jetzt naiv und übertrieben optimistisch, aber hey, ein bisschen Hoffnung hat noch niemanden geschadet ;o)
      Euch wünsch ich von Herzen alles Gute und viel Kraft auf eurem Weg.
      Ja, gefühlt macht man immer etwas falsch, egal wie, egal was… aber es gibt auch immer ein „danach“.
      Liebe Grüße 🙂

      Antwort
  • 13. Januar 2020 um 7:17
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    Ich kann Dich absolut verstehen. Ich hasse nichts mehr als diese „da muss er/sie durch“-Sprüche. Meine Frage darauf lautet immer „Warum?“ und ich bekomme nie eine sinnvolle Antwort. Eine ähnliche Erfahrung wie Du beim Psychologen hatten wir übrigens beim ersten Lernentwicklungsgespräch (1. Klasse, freier Schulträger) mit dem Lütten. Wie dort die Lehrerin auf Augenhöhe mit ihm sprach! Wie gut sich unser Kind selbst einschätzen konnte! Und das nach nur 4 Monaten Schule. Der Hammer. Ich musste heulen. Aus 6 Jahren staatlicher Grundschule mit der Großen kannten wir nur „Wir reden über das Kind“ Situationen. Und nach dem Befinden wurde sowieso keiner gefragt.

    Lass Dich nicht unterkriegen und viel Erfolg!

    Antwort
    • 22. Januar 2020 um 8:50
      Permalink

      Ich danke dir für deine lieben Worte. Schön, dass ihr bei eurem Lütten Glück mit der Lehrerin habt und auch die „andere“ Seite dadurch kennenlernen könnt. Liebe Grüße und alles Gute für euch :o)

      Antwort

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